Heitere Monatsbilanz Mai 2012

OBM Gerhard Hradetzky Heitere Monatsbilanz für Mai, von Gerhard Hradetzky!

Im Wonnemonat:

Dass der Mai alles neu machen kann, ist schon lange bekannt! Dass dazu auch Dome gehören, ist doch etwas ungewöhnlich, nicht wahr?.
Dies und einiges mehr dachte ich, als ich mich am 3. Mai mit ca. 20 weiteren mir unbekannten Persönlichkeiten im Dom von Wr. Neustadt einfand. Es war keine private Führung! Es ging um den „Dombrand“, von dem viele gehört oder gelesen haben (z.B. auch in meiner Homepage). Gemeinsam mit allen Vertretern der Sanierungscrews unter Leitung das Dombauamtes erstellte man einen Zeitplan für die umfassende „Entrußung“ des gewaltigen Dom-Innenraumes, einschließlich der 40 Register großen Hradetzky-Orgel. Schon sah ich mich im Geiste von einer Armee kaminkehrerähnlicher Gestalten umringt, dazwischen mich und meine Kolleginnen, alle mit größtmöglicher Geschwindigkeit Kübel mit schwarzer Brühe durch den Kirchenraum schleppend.
Wie immer kommt natürlich die Orgel zum Schluss, was in diesem Fall ausnahmsweise erfreulich ist, denn somit haben ich und mein Team noch etwas Schonfrist, bis wir uns ab September über sage und schreibe rund 2800 Orgelpfeifen, Orgelgehäuse und Technik hermachen dürfen.
Die abschließende Tonprobe (sprich Intonation) der gereinigten Pfeifen wird im wahrsten Sinn des Wortes kein Honiglecken werden, sind doch viele der Orgelpfeifen zur Klangprobe mit dem Mund anzublasen..... und wehe (!!!) wenn dann die Pfeiflein nicht penibel entrußt wurden.
Wie heißt es doch in alten Schriften: „Der Orgelbau ist eine vornehme Kunst, würdig eines Edelmannes“. Einer der Gründe warum ich nie davon geträumt habe Kaminkehrer zu werden, seufz....

Szenenwechsel:

ueberladenes auto Fahre im Schritttempo auf den Zollübergang Basel zu, das Auto zentimetergerecht vollgepackt mit Utensilien meines Sohnes Stefan. Dieser lebt beruflich erfolgreich schon geraume Zeit in Zürich und hat mich um den Transport seines Mobilars gebeten. Nicht ohne vorher vor der Genauigkeit des Schweizer Zolls zu warnen. Habe dafür vorsichtshalber vorab sämtliche Unterlagen für einen hoffentlich reibungslosen Ablauf der Verzollung von Stefan erhalten. Während zwei Schweizer Zöllner langsam auf mich zukommen, rast vor mir der Film meines letzten Zollaustrittes am Zollamt Höchst (Schweiz-Österreich) ab. Die Schweizer winkten damals durch, während mich der österreichische Beamte nach Befragung rechts anhalten ließ, obwohl sich mein Auto außer meiner Reisetasche im völligen Leerzustand befand! Nach provokant umständlicher Kontrolle von der Schuhsohle bis zum Handschuhfach durfte ich tatsächlich wieder in mein Heimatland einreisen... Und jetzt? „Habe se was zu verzolle?“, fragt mich freundlich einer der adrett gekleideten Herren. Meine Antwort war ebenso freundlich. Nun gingen beide sehr langsam um mein Auto herum...... und was, wenn ich jetzt alles ausräumen muss? Gründlich wurde meine neue Schweizer Vignette inspiziert, immerhin 35.-- Euro für ein paar hundert Kilometer. Einer der Beamten kam wieder langsam auf mich zu und...... wieder freundlich lächelnd: „Se könne weiterfahre, guete Reise!“ Ich verstehe die Welt nicht mehr! Komme ich vollgepackt an die EU-Außengrenze, winkt man mich durch. Will ich mit ganz offensichtlich leerem PKW zurück nach Haus, werde ich gefilzt wie ein international gesuchter Diamantenschmuggler. Wer sagts denn, unsere Beamten „arbeiten“ doch genauer als die Schweizer!?

Bleivergiftung

Salzburger Nachrichten vom 30.5.2012! „EU will Orgelpfeifen mit weniger Bleigehalt!“ Wie bereits bekannt, müssen Orgelpfeifen zur seriösen Klang- und Tonprobe mit dem Mund angeblasen werden.

Nachdem der Bleianteil in den Zinnpfeifen lt. EU-Kommission anscheinend hochgiftig ist, müsste ich nach annähernd 50 Jahren Orgelintonation bereits seit mindestens 20 Jahren tot sein! Doch wie eigenartig, gerade in der jüngeren Geschichte des Orgelbaues, also etwa ab dem 16. Jhdt. ist die Mehrzahl der Antegnatis, Schnitgers, C.Colls oder Silbermänner für damalige Verhältnisse steinalt geworden. Gar nicht zu reden von einem gewissen Egedacher, welcher im Winter bevorzugt im offenen Pferdewagen herumfuhr und obendrein noch (nicht belegt) mindestens 12 Kinder hinterließ.

Doch zurück zum Pfeifenblei. Es geht nach 1000 Jahre Orgelbau auch mit bestem Willen nicht ohne, das sollte die so gewichtige Kommission eigentlich wissen! Darüberhinaus experimentieren Orgelalchimisten schon seit langem an Ersatzmaterialien herum. Kunststoffe in allen Spielarten und Weichheitsgraden hat man eingesetzt, gehämmert, gepökelt, Karton,Glas, Blech, Plexi und alles sogar miteinander vermischt, gerührt und nicht geschüttelt. Vieles hat man ausprobiert, bekanntlich mit null Erfolg für Klang oder verbesserte Fertigung. Also, irgendetwas verstehe ich schon wieder nicht! Doch vielleicht sind der würdigen Kommission nur(!) die nie belegten Dokumente alter Chronisten in die Hände gefallen, welche von 'schier schröcklich orgeln', berichten, die während des Plenospieles 'oft bestialisch gestänk verbreiten, so daß die hochachtbare Zuhörerschaft gar reihenweis in Ohnmachtigkeit fallen ist'. Ähem ???

   
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